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Keine Vollstreckung aus Bußgeldbescheid und keine Erzwingungshaft bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens gegen den Betroffenen

Gegen einen Spielhallenbetreiber, gegen den ein Berliner Ordnungsamt rechtskräftig einen Bußgeldbescheid über 3.000,00 € erlassen hatte, wurde auf dessen eigenes Betreiben ein Insolvenzverfahren eröffnet, um in den Genuss der Restschuldbefreiung zu kommen. Zahlungen auf den Bußgeldbescheid leistete er trotz Aufforderungen des Ordnungsamtes nicht mehr. Auf Antrag des Ordnungsamtes ordnete das Amtsgericht Tiergarten gegen den Betroffenen Erzwingungshaft vorn 60 Tagen zur Beitreibung der Geldbuße an.
Das von mir für den Betroffenen durchgeführte Beschwerdeverfahren gegen die Anordnung der Erzwingungshaft vor dem Landgericht Berlin führte zur Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichtes. Hierzu führte das Landgericht in dem aufhebenden Beschluss aus, dass der Betroffene ausreichende Gründe für eine unverschuldete Zahlungsunfähigkeit im Sinne des §96 Abs. 1 Nr. 2 OWiG dargelegt habe, welche der Verhängung der der Erzwingungshaft entgegenstünden. Durch die Eröffung des Insolvenzverfahrens werde dem Schuldner verboten, aus seinem Vermögen noch Zahlungen zu erbringen. Die Insolvenzmasse, d.h. der Vermögensbestand zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, diene zur Befriedigung der Vermögensansprüche gegen den Insolvenzschuldner. Alle Personen, die einen solchen Vermögensanspruch haben, seien Insolvenzgläubiger (vgl. §38 InsO). Der Staat gehöre gem. §39 InsO, sofern Bußgelder aus Ordnungswidrigkeiten vollstreckt werden sollen, sogar zu den nachrangigen Insolvenzgläubigern. Auf die Frage, ob die unverschuldete Zahlungsunfähigkeit des Beschwerdeführers erst nach Eintritt der Fälligkeit des Bußgeldes eingetreten sein mag, komme es nicht an, denn der Betroffene müsse zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Anordnung der Erzwingungshaft zahlungsfähig sein. Der angefochtene Beschluss war demgemäß aufzuheben.
(Landgericht Berlin, Beschluss vom 27.05.2014, Az.: 530 Qs 23/14)

Eingeschränkte Klagemöglichkeit von Bürgern gegen Denkmalbeeinträchtigungen in ihrer Umgebung

Eherner Grundsatz des deutschen Verwaltungsprozessrechts ist, dass Popularklagen bzw. Interessenklagen unzulässig sind. Mit anderen Worten: ein Bürger kann nur dann gegen Maßnahmen und Rechtsakte der Verwaltung vorgehen, wenn er in eigenen Rechten verletzt wird. Allein der Umstand, dass der Bürger ein Interesse an der Aufhebung einer Verwaltungsentscheidung hat, z.B. weil er in der Nähe wohnt, ist regelmäßig nicht ausreichend. Dieses mussten nun auch zwei Bürger in unterschiedlichen Verfahren zur Kenntnis nehmen, welche von dem Verwaltungsgericht Berlin, dort der mit Bausachen betrauten 13. und 19. Kammer, kürzlich entschieden worden sind.
In dem ersten Verfahren wehrte sich ein Anwohner im Wege eines verwaltungsgerichtlichen Eilantrages gegen den geplanten Abriss der über den Neuköllner Schifffahrtskanal führenden Fußgängerbrücke „Kiehlsteg“ in Berlin-Neukölln, die die Grünfläche Weichselplatz mit der Straße Kiehlufer verbindet. Hierfür machte er denkmalschutzrechtliche Belange geltend. In dem zweiten Verfahren wehrte sich ein Anwohner mittels eines Eilantrages gegen den Abbau von Gas-Laternen in Berlin-Dahlem in seiner Straße. Auch hier machte der Bürger vorrangig Denkmalschutzgründe geltend.
Das Verwaltungsgericht führte in beiden ablehnenden Entscheidung aus, dass für „unbeteiligte“ Bürger selbst dann Abwehrrechte gegen Denkmalbeeinträchtigungen nicht bestehen, wenn sie Nachbarn des Denkmals sind. Mangels eigener Betroffenheit bzw. Rechtsverletzung liege ein Fall der unzulässigen Popularklage vor, so dass der jeweile Antrag bereits als unzulässig zurückzuweisen sei.
(Kiehlsteg: VG Berlin, Beschluss vom 14.03.2014, Az.: VG 19 L 82.14; Gaslaternen: VG Berlin, Beschluss vom 18.03.2014, Az.: VG 13 L 116.14).